Freitag, März 24, 2006

Katzenkonferenz III

Hauptversammlung des Verbandes der Haus-, Feld-, Wald- und Wiesenkatzen

Nach der Eröffnung überbrachten mehrere Oberkatzen Grußworte von der an der Anreise Verhinderten, unter Hausarrest stehenden Katzen aus Gebieten, wo H5N1 festgestellt worden war. Es wurde beschlossen, eine Habeas Corpus – Klage vor dem Verfassungsgericht anzustrengen, da keinerlei gesetzliche Grundlage bestehe und der Gleichheitsgrundsatz verletzt worden sei, da Steinmarder durch ihre Lobby eine Ausnahme für sich durchsetzen konnten.

Das erste Referat hielt Generaloberkatze Angela aus Berlin. Sie berichtete, dass sie überraschender Weise keinerlei Probleme von Seiten ihres Vorgängers habe. Der habe ein völlig unnötiges Chaos angerichtet, sei dann aber dankenswerter Weise abgetaucht. Angeblich lehre er jetzt in einer russischen Fabrik, die aus Öl Käse mache; er verfüge jetzt über reichlich Mäuse und es gehe ihm gut.

Die hinterlassenen Probleme seien enorm, sie versuche praktikable Lösungen zu finden, ihre Aufgabe werde aber sehr erschwert, da einige ihrer leitenden Hauptkatzen ihr ständig in den Rücken fielen. Sei ein Problem endlich gelöst, erhebe sofort eine große Zahl von Bedenkenträgern energisch Einspruch. Über die einzelnen Bereiche sollen die zuständigen Hauptkatzen berichten.

Das Wort ergriff dann Hauptarbeitskater Münte aus Berlin. Das Problem der arbeitslosen Katzen liege teilweise darin, dass einige einfach zu keiner Arbeit taugten, weil sie schlicht naturdumm seien. Viele seien unterqualifiziert, manche zu alt -- etwa ein Drittel habe keine Lust zu arbeiten und sei einfach zu faul, um Mäuse zu fangen. Sie seien der Ansicht, der Staat solle doch mehr Katzenfutter guter Qualität kaufen.

Sein früherer Chef habe zwar versprochen, sich daran messen zu lassen, dass er die Zahl der arbeitslosen Katzen absenken werde, das dürfe man aber nicht so eng sehen, Statistiken lügen bekanntlich meistens und schon die Absicht sei doch sehr lobenswert gewesen. Basta!! Er selbst sei wesentlich vorsichtiger in seinen Prognosen und verlasse sich darauf, dass das Gedächtnis der Bevölkerung bekanntlich kurz sei.

Kater Münte nahm dann zur Diskussion um die Renten Stellung. Er müsse am Anfang erklären, dass die Rente sicher sei, wie es ja auch schon Hauptkater Blüm und Riester versprochen hatten. Insgesamt sei das System solide und habe sich doch gut bewährt. Wenn Experten der Wirtschaftsforschungsinstitute meinten, sie müssten durch pessimistische Prognosen all verunsichern, so sei dies nur Geltungsdrang. Er habe das Problem gelöst, indem er ganz einfach durch ein Gesetz die Senkung der Renten verboten habe. Auf eine Zwischenfrage bemerkte er noch, dass er sich im schlimmsten Fall darauf berufen könne, dass er ja nur die Rente als solche und nicht deren Höhe garantiert habe. Er schloss sein Referat mit der Bemerkung, dass Angela eine ganz wundervolle kluge und schöne Katze sei- inzwischen verbind sie eine innige Freundschaft.

Das nächste Referat hielt Hauptgesundheitskatze Ulla. Eingangs bemerkte sie, dass ihr die Gesundheit aller Katzen sehr am Herzen liege, besonders die der unterpriviligierten armen Katzen und Kater. Das ganze Gesundheitssystem sei eigentlich in Ordnung- das einzig wirkliche Problem seien die Ärzte. Viele von ihnen beuten das System und ihre jüngeren Kollegen aus und bereichern sich schamlos, es gäbe sogar welche, die sogar mehr verdienten als sie selbst. Dadurch seien zeitweise geringfügige Lücken in der Finanzierung entstanden, so dass die 250 Kassen die Beiträge erhöhen müssten, obwohl sie das verboten habe. Die Finanzierung lasse sich sehr einfach auf eine solide Grundlage stellen, indem man die reichen Katzen zur Kasse bitte. Wie unsolidarisch es sei, dass die besser verdienenden Katzen sich privat zu geringen Beiträgen versichern könnten, sehe man daran, dass die Privatkassen fette Gewinne machten. Sie werde diese himmelschreiende Ungerechtigkeit demnächst beseitigen.

Zu den Ärztestreiks bemerkte sie, dass eine Lohnforderung von 30 % unerhört sei- sei ein Bespiel für die schamlose Gier der gut verdienenden Ärzte, die die arme schwer arbeitende Bevölkerung, die schon jetzt unter der Last der Sozialabgaben stöhnt, rücksichtslos ausbeuten wollen. Arbeitszeiten von 70 Stunden pro Woche seien bei den Ärzten schon immer normal gewesen. Es sei schließlich ein Privileg Arzt zu sein und man könne doch wenigstens etwas Dankbarkeit erwarten, nachdem die Ärzte jahrelang auf Kosten des Staates gemütlich studiert haben. Man solle über die Einführung einer Dienstpflicht und die Rückzahlung der Studienkosten diskutieren.

Zu dem Streik der Angestellten der Länder meinte sie, sie habe volles Verständnis für die Streikenden. Sie wisse, wie schwer es sei, an 5 Tagen der Woche täglich über 7 Stunden am Schreibtisch zu sitzen, neue Paragraphen auszudenken und diese so zu formulieren, dass keine normale Katze sie verstehen könne- gleichzeitig aber deren Formulierung als ein intellektuelles Meisterstück bewundern müsse. Die Forderung nach einer halben Stunde unbezahlter Mehrarbeit pro Woche sei ungeheuerlich- sie verletze in brutaler Weise die Fürsorgepflicht des Staates und rufe bei jeder sozial denkenden Katze Empörung hervor.

Ihr Verhältnis zu Generaloberkatze Angela sei nicht frei von Spannungen, aber da diese noch nicht lange im Amt und unerfahren sei, werde sie sicherlich ihre Ideen durchsetzen können.

Es ergriff dann Hauptaußenkater Steinmeier das Wort, er sprach auch für Hauptverteidigungskater Jung, weil den sowieso niemand kennt. Die Erweiterung der EU sei lebenswichtig, nur so sei gewährleistet, dass wir endlich ein multikultureller Staat werden. Schließlich sei es doch eine Bereicherung unseres Lebens, wenn das Bild unserer Städte durch die vielen Minarette verschönert werde. Es sei doch auch sehr schön, wenn wir an jeder Ecke einen Döner verzehren können. Wenn wir im Urlaub das bunte Leben eines mohammedanischen Staates genießen wollen, brauchen wir nicht mehr ins Ausland zu fliegen, es reicht dann, mit der Trambahn ins nächste Stadtviertel zu fahren.

Zur Bundeswehr bemerkte er, dass diese endlich eine angemessene Aufgabe bekomme. Schon Hauptkater Struck habe festgestellt, dass unser Land am Hindukusch verteidigt werde. Das gelte auch für Somalia, Mogadischu und im Kongo. Bisher seien erst 20.000 Soldaten im Einsatz. Bei einer Stärke von 250.000 Mann bestehe noch eine Reserve von 230.000, die meistens rödeln. Schließlich dürfe man auch nicht vergessen, dass reisen bildet, die Wehrpflicht müsse daher erhalten bleiben.

Anschließend ergriff Landwirtschaftshauptkater Seehofer das Wort. Er berichtete, dass er mit der Landwirtschaft nicht viel am Hut habe. Behauptungen, er wolle sich mit der Vogelgrippe profilieren, seien bösartige Unterstellungen. Er fühle sich verpflichtet, für die Katzen Hausarrest zu verordnen- - lautes Protestmiauen -- auch wenn Virologen das für völligen Unsinn halten. Als Hauptkater wisse er das eben besser. Die Vogelgrippe sei eine gute Gelegenheit, der Bevölkerung im Fernsehen täglich Führungsstärke zu demonstrieren und seinen Kollegen in den Ländern Inkompetenz vorzuwerfen. Im Übrigen habe der bayrische Oberkater abgewirtschaftet und müsse so schnell wie möglich durch eine starke Führungspersönlichkeit ersetzt werden. Er deutete an, er sei bereit, die schwere Aufgabe zu übernehmen.

Als letzter sprach Hauptinnenkater Schäuble. Er betonte, dass der Terrorismus eine ungeheure Gefahr sei. Täglich müsse mit Anschlägen und dem Verlust von Katzenleben gerechnet werden. Jeder der wie er zutiefst an eine freiheitliche Demokratie glaube, müsse auch bereit sein, diese zu verteidigen. Alle guten Demokraten stimmen darin überein, dass die unsinnige Rede – und Pressefreiheit ,der übertriebene Schutz der Katzenrechte, der lächerliche Schutz des Eigentums und das völlig unverständliche Recht auf freie Wahl des Wohnortes aus Sicherheitsgründen eingeschränkt werden müssen . In schweren Zeiten wie diesen seien zum Wohl der ganzen Nation allen Katzen geringfügige Opfer zuzumuten.

Es folgte dann eine lebhafte Diskussion, an deren Ende sich eine vornehme alte Katze zu Wort meldete. Die ganze Versammlung lauschte fasziniert ihren leisen Worten. Sie heisse Lisa, wohne in Bad Windsheim an der Aisch und habe einen alten Chefarzt in ihr Haus aufgenommen. Der sei zwar schon ziemlich senil – in seltenen lichten Momenten habe er aber überraschende Lösungen für die Probleme des Landes vorgeschlagen. Wenn die Versammlung es gestatte, wolle sie darüber berichten, obwohl sie wisse, dass die Ideen der Menschen meistens unlogisch und ihre Politik immer populistisch.

Nachdem die letzte Regierung das Land an das Ende der EU Mitgliedsländer herabgewirtschaftet hatte, sei es eine Freude zu sehen, welcher Optimismus jetzt herrsche. Es seien zwar alle echten Probleme ausgeklammert worden , aber nach einer Pressekonferenz im Fernsehen von Generaloberkatze Angela und Hauptkater Münte ist die ganze Nation beglückt, alten Damen laufen die Tränen übers Gesicht und alle Zuschauer schalten vom Tatort auf den Heimatfilm um. Es stört dabei auch niemand, wenn die beiden eine Steuererhöhung verkünden – denn daran haben sich alle schon gewöhnt und keiner hört mehr zu. Alle freuen sich stattdessen über das Glück der beiden.

Bei Berichten der Regierung hat man jetzt auch nicht mehr den Eindruck im falschen Kanal zu sein- mit Nachrichten aus einem anderen paradiesischen Land ohne Probleme.

Die Probleme existieren aber leider, Vorschläge aus dem Elfenbeinturm der Wirtschaftswissenschafler sind untauglich, sonst wären sie ja längst von der Regierung aufgenommen worden. Warum ist nur niemand früher auf die genialen und einfachen Lösungen gekommen, die jetzt geschildert werden.

Es ist völlig unnötig, die Unterfinanzierung der Rentenversicherung durch ein kontroverses Gesetz über die Lebensarbeitszeit beheben zu wollen. Weit wirksamer ist eine kleine Änderung in den Verwaltungsvorschriften. In Zukunft muss jeder Rentenantrag von beiden Elternteilen mit unterschrieben werden.

Das Ziel, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen wird folgendermaßen erreicht: Stütze wird nur gezahlt, wenn der Arbeitslose von der Couch aufsteht und etwas tut. Er kann frei wählen. Ein Drittel wird als Entwicklungshelfer nach Afrika geschickt. Ein weiteres Drittel wird dazu eingesetzt, das im Westen der Republik seit 1990 zunehmend marode Verkehrswegenetz zu sanieren, dem letzen Drittel wird die befriedigende Aufgabe zuteil , die hilfsbedürftigen Alten zu pflegen, die das Land nach 1945 wieder aufgebaut haben.

Die Finanzen des Gesundheitswesens lassen sich dadurch sanieren, dass die Ärzte zwangsverpflichtete werden. Da sie sozial helfend tätig sind, ist ein Gehalt auf Sozialhilfeniveau angemessen.

Die Kosten der Bundeswehr werden dadurch verringert, dass die Zahl der Soldaten auf die zum Empfang von fremden Staatsoberhäuptern benötigte Truppe reduziert wird. Ihr Einsatz im Ausland dient sowieso keinem sinnvollen Zweck, da die Eingeborenen sich früher auch schon immer gegenseitig umgebracht haben. Statt Waffen dürfen nur noch Pflugscharen in die Entwicklungsländer gebracht werden.

Falls der Staatshaushalt dann noch immer nicht ausgeglichen ist, wäre daran zu denken, das Angebot von Herrn Ahmadinedschad anzunehmen, Israel nach Europa zu verlagern. Wenn man den Juden Mecklenburg-Vorpommern übergibt, wäre der Bundeshaushalt enorm entlastet. Durch geschickte Verhandlungsführung mit den Persern könnte man im Tausch ja auch regelmäßige Erdöllieferungen vereinbaren.

Es sei höchst Zeit, die immensen Staatsschulden abzuzahlen – wir leben schon lange auf Kosten unserer Kinder. Ist es da ein Wunder, dass alle Babies bei der Geburt jämmerlich schreien?

Im Übrigen sei das angebliche Problem der Vogelgrippe offensichtlich ein Ablenkungsmanöver der Regierung.

Ein Initiativantrag auf Abschaffung der Mehrwertsteuer für Katzenfutter wurde ohne Gegenstimme angenommen.

Gegen die Stimmen der Hauptkatzen wurde beschlossen, die genialen Problemlösungen sofort in die Tat umzusetzen, die Katzen aus dem Hausarrest zu entlassen und über Hauptkater Seehofer Hausarrest zu verhängen.

Ich bin erfrischt und fröhlich auf der Couch erwacht. Ich fühlte noch die Genugtuung, ja die Euphorie, dass die wichtigsten Probleme des Landes gelöst waren. Auf meiner Brust bewegte sich die schlafende Katze, sie erwachte, sprang auf den Boden und starrte mich hypnotisch mit ihren grossen grünen Augen an. Da stieg in mir eine furchtbare Ahnung auf, hatte ich nur geträumt, oder hatte etwa Lisa…? Das kann ich nicht glauben…

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